wachSam sein, nicht misstrauisch – Fachtagung gegen sexualisierte Gewalt

Oliver Fina spricht bei der Fachtagung wachSam.

Sexualisierte Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen ist in der Jugendverbandsarbeit und in der Kinder- und Jugendhilfe ein Horrorszenario. Um dieser Gefahr weiterhin wirksam begegnen zu können, trafen sich 60 Haupt- und Ehrenamtliche aus ASJ und ASB am 2. und 3. März zu einer Fachtagung in Köln.

In Deutschland ist ungefähr jedes dritte bis vierte Mädchen und jeder neunte bis zehnte Junge von sexualisierter Gewalt betroffen. Die meisten Täter kommen aus dem direkten Umfeld der Betroffenen: Das können Vater, Mutter, Stiefvater, Bruder, ein naher Verwandter oder Freund der Familie sein – aber auch der Gruppenleiter im Jugendverband, der Ausbilder im Erste-Hilfe-Kurs oder Pädagogen in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung. Dieser potenziellen Gefahr stellen sich sowohl die ASJ mit dem Aufbau eines Präventionssystems im Rahmen der Initiative wachSam als auch die Mitarbeiter der ASB-Kinder- und Jugendhilfe seit vielen Jahren – denn die betreuten Kinder und Jugendlichen haben Anspruch auf Sicherheit und Hilfe in einem schützenden und förderlichen Rahmen.

Kinder und Jugendliche schützen – Aktive und Mitarbeiter stärken

Um die Ehren- und Hauptamtlichen in ASJ und ASB beim Umgang mit diesem brisanten Thema zu unterstützen, wurde im Rahmen der Initiative wachSam von ASJ und Fachtagung gegen sexualisierte Gewalt veranstaltet. Am vergangenen Freitag und Samstag nahmen insgesamt 60 Aktive aus der ASJ, und in Einrichtungen des ASB beschäftigte Pädagogen und Erzieher daran teil. „Der ASB hat gegenüber Kindern und Jugendlichen eine Schutzfunktion, die wir absolut sehen. Der ASB hat aber auch eine Schutzfunktion seinen Mitarbeitern gegenüber: Daher möchten wir sie für das Thema sensibilisieren und Wege aufzeigen, damit umzugehen. Wir stärken ihnen gleichzeitig auch den Rücken, damit sie mit den Kindern in ihrer Obhut weiterhin nah und vertrauensvoll zusammenarbeiten können“, so ASB-Bundesgeschäftsführer Christian Reuter in seiner Eröffnungsrede.

Vorträge und Workshops

In ihrem Vortrag stellte Claudia Obele, Vorstandsvorsitzende von Evangelische Jugendhilfe Hochdorf e.V. im Kreis Ludwigsburg den Weg ihrer Einrichtung bei der Entwicklung eines Konzepts der Prävention und Intervention bei Fehlverhalten pädagogischer Fachkräfte vor. Sie betonte dabei, dass man sich ihrer Erfahrung nach von den Beispielen anderer Einrichtungen inspirieren lassen solle, kopieren könne man so etwas aber nicht: „Ein Konzept darüber, welches Verhalten der Mitarbeiter erwünscht, welches adäquat oder vollkommen unangebracht ist, spiegelt immer die Arbeitskultur, die Wertvorstellungen und die Einstellungen einer Einrichtung wider. Damit so etwas wirklich gelebt wird, müssen die Mitarbeiter und die Leitung dies gemeinsam entwickeln, diskutieren und manchmal auch erstreiten.“ In einem weiteren Fachvortrag stellte Hans-Jürgen Schimke, stellvertretender Vorsitzender des Kinderschutzbundes NRW, das neue Kinderschutzgesetz vor und betonte dabei, dass Kinder einen Anspruch auf Beratung ohne das Wissen der Eltern haben. Neben den Fachvorträgen setzten sich die Teilnehmer in Kleingruppen intensiv mit den verschiedenen Facetten sexualisierter Gewalt auseinander. In den Workshops hatten sie Gelegenheit, sich beispielsweise mit Täterstrategien und besonders gefährdeten Gruppen zu befassen, Gefahrenquellen zu identifizieren und die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen auszuarbeiten.

20 Aktive aus der ASJ verlängern die Fachtagung

Im Anschluss an die Fachtagung wachSam beschäftigten sich 20 Aktive der ASJ weiter mit dem Thema der Prävention von sexualisierter Gewalt. Sie erarbeiten Werte und Grundsätze, die sie von einem Gruppenleiter der ASJ erwarten. Dabei arbeiteten sie heraus, dass diese Werte bereits gelebt würden, sich aber immer wieder bewusst gemacht werden würden. Die Berücksichtigung in den ASJ-Gruppen schafft ein Klima, das sexualisierter Gewalt keinen Raum lässt und Raum für die Persönlichkeitsentwicklung zulässt. Die durch die Initiative wachSam in der ASJ bundesweit aufgebaute Struktur von Botschaftern und Kontaktpersonen wurde hinterfragt und deren Rolle und Funktion präzisiert. Alle Teilnehmenden waren sich darüber einig, dass das Treffen und die Fachtagung ein voller Erfolg war und die ASJ auf einem sehr guten Weg ist.

Susanne Wagner