Eine Sprache Finden - Ausbildung für Vertrauenspersonen der Initiative wachSam in Leipzig

Gruppenbild der Seminarteilnehmer

Am 15. und 16.September trafen sich die Vertrauenspersonen aus den Landesjugenden Berlin, Thüringen und Sachsen zu einem gemeinsamen Seminar im Rahmen der Initiative wachSam in Leipzig. Im Mittelpunkt stand das Thema Gesprächsführung.

Am ersten Tag ging es darum, eine Sprache für das doch so Unaussprechliche zu finden. Die Seminarteilnehmer kannten sich zwar gut, was es aber nicht leichter machte, mit anderen über peinliche Erlebnisse zu reden. Das Vertrauen muss groß genug sein, sich dem anderen anzuvertrauen. Versteht er meine Not? Kann er mir helfen? Reden wir in einer Sprache oder eher aneinander vorbei? So viele Fragen, auf die wir Antwort finden wollten. Die Übungen haben es uns erleichtert, die Situation der Betroffenen zu verstehen.

Neu erworbenes Wissen konnte sofort in Rollenspielen getestet werden

Wir hatten die Möglichkeit, das erworbene Wissen direkt in Gesprächssituationen auszuprobieren und merkten, dass es mitunter gar nicht einfach ist, genau zuzuhören oder Gesten und Worte richtig zu deuten. Nachmittags ging es weiter mit Konfrontationsgesprächen. „Wie spreche ich meinen besten Freund oder einen ehrenamtlichen Helfer meiner Gruppe an, wenn er sich falsch verhalten hat oder sogar ein Verdacht von anderen gegen ihn oder sie geäußert wurde?“ „ Wie kläre ich die Situation sachlich?“ Und welche Vereinbarungen und Regelungen sind in welchem Zusammenhang sinnvoll und hilfreich? Ehrlich gesagt: diese Seminareinheit hat viel von uns abverlangt! Und trotzdem kam der Spaß nicht zu kurz, da rutscht einem schon mal ein Wort oder Satz heraus, den man so gar nicht gemeint hat. In der Übung sorgte es für allgemeine Erheiterung, im Praxisfall kann es durchaus missverstanden werden. Aber dafür haben wir unter professioneller Anleitung geübt, geübt und geübt!

Die ASJ wurde gründlich analysiert

Am Sonntag ging es dann weiter mit einer Risikoanalyse unseres Jugendverbandes. Die Frage: „Wo gibt es bei uns Situationen, die grenzverletzendes Verhalten ermöglichen?“ wurde heiß diskutiert. Beim Zusammentragen der Ergebnisse kam es zu dem ein oder anderen überraschenden Moment und das Erstaunen in den Gesichtern war deutlich zu sehen. Letztendlich konnten wir aber gemeinsam für alle Situationen Wege und Möglichkeiten finden, diese zu entschärfen. Wir konnten für uns folgende Schlagworte herausarbeiten:

• Klarheit bei Zuständigkeiten zu haben

• gemeinsame Regeln aufzustellen, die für alle gelten

• in der Arbeit transparent und offen zu sein

• wir engagieren uns gemeinsam für Kinder und Jugendliche und da ist nichts Geheimnisvolles dabei, was hinter verschlossenen Türen passieren muss.

wachSam steht für „wacher Samariter“. Wir wollen wachSam sein in dem Sinne, dass wir hinschauen und nicht wegsehen, dass wir hinhören und ansprechen, wenn jemanden Unrecht getan wird oder er verletzt wird, sei es durch Handlungen oder durch Worte – durch wen und wo auch immer. Wir achten aufeinander. Geht es meinem Nebenmann gut? Fühlt er sich wirklich noch so gut, wenn er mit „Zwerg“ gerufen wird, nur weil er klein ist? Wie sieht es mit meiner Vorbildfunktion aus?
Wir wollen, dass dies auch von uns ASJlern nach außen getragen wird: wir achten auf unsere Mitschüler in der Schule, auf die Freunde beim Sportverein und in der Clique. Wird einer von den anderen ausgegrenzt, weil er klein oder dick ist, weil er vielleicht Angst vor etwas hat oder sich einfach nur schämt, sich mit allen gemeinsam in einer Umkleidekabine umzuziehen, dann sind wir wachSam! Bei uns ist kein Platz für jemanden, der die Grenzen von anderen verletzt! Das wollen unsere Vertrauenspersonen in die Gruppen tragen.

Nach erfolgreichem Auftakt wird die Arbeit fortgesetzt

Sie haben an dem einen Wochenende ganz viel Wissen mitnehmen können und wünschen sich zukünftig noch mehr Ideen für die praktische Umsetzung und dass wir im nächsten Jahr noch einmal Gespräche üben. Weil es gar nicht so einfach ist – im richtigen Moment die richtigen Worte zu finden. Wir danken unserer Referentin vom Samstag, der Diplom-Psychologin Dorothea Sorge-Werres aus Leipzig, die uns so viele Übungsmöglichkeiten und einen sicheren Rahmen gegeben hat. Auch Frau Pachmann vom neuen Bildungszentrum des ASB RV Leipzig gilt unser herzlichster Dank, die uns mit ihrem Personal super gut betreute und keinen Wunsch offen gelassen hat.

Dorit Klemm Fachberaterin wachSam