Schritt 4: Ausarbeitung des Angebots – welche Angebote funktionieren und welche nicht?


Grundsätzlich gilt auch hier: Nicht alles was wir toll finden oder was uns Spaß macht, ist auch das Richtige für die Kinder und Jugendlichen in den Unterkünften. Das heißt, nicht immer treffen wir mit unserem Programm gleich ins Schwarze. Hier heißt es hinhören und Bedürfnisse klären. Gerade bei Bastelkursen oder Kochaktionen gilt es, bestimmte kulturelle Hintergründe zu beachten. Ein Bastelnachmittag zu Weihnachten ist für muslimische Geflüchtete wahrscheinlich weniger attraktiv als das gemeinsame bauen von Musikinstrumenten, die im Anschluss direkt zusammen ausprobiert werden können. Die Speisen am gemeinsamen Kochnachmittag sollten durch beide Seiten bereichert werden, so dass man voneinander Neues kennenlernen kann. Mögliche religiös bedingte Einschränkungen im Speiseplan müssen geklärt und berücksichtigt werden.

Für alle Aktionen gilt: Wiederkehrende/regelmäßige Maßnahmen führen zum Vertrauensaufbau und zur Akzeptanz des Angebots. Einzelne Maßnahmen, die nur sporadisch durchgeführt werden, gehen dagegen schon einmal unter oder werden nicht genutzt.

Unterstützende Hilfen allgemein zum Thema „Interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Spiele“ gibt es im Ziel Verlag.
 

Einige Beispielaktionen

Bastelnachmittag/Nähkurs
Hier ist es sinnvoll, Dinge zu erstellen, die für die Kinder und Jugendlichen auch einen direkten Nutzen haben. Ob Loopschal gegen die Kälte, bunte „Schlappen/Hausschuhe“ für die Unterkunft oder eine Taschenlampe, die aus einfachen Materialien gebastelt werden kann und abends zum Lesen oder beim Toilettengang zum Einsatz kommt: Es gibt bestimmt viele nützliche Beispiele für den Alltag. Im Zweifelsfall auch einfach mal nachhören, worauf die Kinder Lust haben. Anbei einige Anregungen:

Beanie-Mützen.

Buff, Halstuch oder Loopschal

Mokassins als Hausschuhe

Tischkicker aus Pappe

Geldbörsen und bunte Taschen aus Getränkekarton

Kaleidoskop


Musizieren

Musik öffnet die Herzen und überwindet Grenzen.

Musikangebote für Kinder:
gemeinsam einfache Musikinstrumente basteln/bauen und zusammen musizieren:

Selbstgebastelte Musikinstrumente
gemeinsam einfache Musikinstrumente basteln/bauen und zusammen musizieren

Musikinstrumente selber bauen/Trommeln selber bauen

Bongo-Drums Schulprojekt

Musikinstrumente Selbstgemacht


Musikangebote für Jugendliche:
Jugendliche machen zusammen Party und zeigen sich gegenseitig ihre Lieblingsstars im Netz – ein „Worldvision-Songcontest“ mit Videos auf Youtube. Vielleicht gibt es ja auch Rap-/Hi-Hop- oder Breakdancetalente, die Lust haben zur Musik in ihrer Sprache oder auf Englisch gemeinsam eine Choreografie einzustudieren. Oder ihr initiiert gleich einen ganzen Rap-/Hip-Hop -Tag.

Für Groß und Klein können auch Lieder aus den verschiedenen Kulturen zusammen als Chor einstudiert und in der Unterkunft für alle Bewohner_innen aufgeführt werden.

Wie umsetzbar die Dinge im Einzelnen sind, liegt natürlich auch immer an den Bedingungen und der Unterstützung vor Ort. Vielleicht gibt es ja auch eine örtliche Musikschule/Tanzschule, die ihr als weiteren ehrenamtlichen Kooperationspartner mit ins Boot holen könnt. Dann ergeben sich natürlich sehr viel professionellere Möglichkeiten, gemeinsam etwas einzustudieren.


Kochen:

Jede Kultur hat z.B. ihre Gebräuche und Vorlieben, benutzt besondere Gewürze und Zubereitungen. Am schönsten ist es gemeinsam etwas zu kochen, ein bisschen deutsch, ein bisschen arabisch … Hier können auch die Mütter oder Väter der Kinder und Jugendlichen eingebunden werden. Ein Programm für die ganze Familie. Man kocht und isst zusammen. Einige Lebensmittel sind für Muslime nicht erlaubt, hier solltet ihr bei der Wahl eurer Gerichte drauf achten, dass auch alle mit Genuss dabei sein können: Was dürfen Muslime nicht essen?
Vielleicht könnt ihr beim ersten Kennenlernen gemeinsam in Kochbüchern oder Rezepten schmökern, im Internet recherchieren (falls vorhanden) und mal schauen, was zusammen gekocht werden kann. Dann alles gemeinsam einkaufen und die Küchenschlacht kann starten.

Weitere mögliche Angebote

Stadtführungen – Kinder und Jugendliche zeigen den Neuankömmlingen ihre Stadt auf Augenhöhe, d. h. nicht unbedingt die touristischen Highlights, sondern das, was sie als Kinder und Jugendliche besonders mögen, wo beispielsweise das Schwimmbad und die schönsten Spielplätze sind: Stadtführungen für Neuankömmlinge

Ausflüge in den Zoo oder Freizeitparks
Siehe Beispiel Baden-Württemberg

Zusammenarbeit mit einer Skaterschule
Sucht euch Kooperationspartner für eure kreativen Ideen. Ein Ausflug in die Skaterschule kommt bestimmt sowohl bei ASJ-Kids wie auch bei den geflüchteten Kindern gut an.

Ferienfreizeiten
Für Ferienfreizeiten gibt es vom Landesjugendring Nordrhein-Westfalen eine Aufstellung, was grundsätzlich zu beachten bzw. im Vorfeld zu organisieren ist: Zwölf Ratschläge und Tipps zur Teilnahme junger Flüchtlinge an Ferienfreizeiten

Bei Ferienfreizeiten gilt es, die starke emotionale Komponente neben allem Organisatorischen im Hinterkopf zu behalten. Was haben die Kinder in den letzten Wochen und Monaten erlebt? Passt das Programm für sie? So ist beispielsweise ein Zeltlager im Wald mit Lagerfeuerromantik in ihren Augen eventuell wenig attraktiv oder vielleicht sogar beängstigend, weil es Erinnerungen an die Flucht weckt. Vor einer großen Fahrt bietet es sich an, zunächst Erfahrungen mit kleineren Ausflügen zu sammeln. Gute Erfahrungen hat die ASJ Baden-Württemberg im März 2016 mit dem Besuch eines Freizeitparks gemacht. Mit Bussen wurden die Kinder an der Unterkunft abgeholt und verbrachten einen Tag im Erlebnispark „Tripsdrill“. Aufgrund der guten Erfahrungen gab es im Juni 2016 direkt ein Nachfolgeprojekt. Mit rund 200 Kindern und sechs Bussen aus ganz Baden-Württemberg ging es ins „Traumland Bärenhöhle“. Die Kinder wurden an Sammelstellen abgeholt und verbrachten mit 50 Ehrenamtlichen sowie Mitarbeitern der Landesgeschäftsstelle und des LJV einen unbeschwerten Tag. Wichtig war dem Landesverband, dass möglichst viele Kinder die Möglichkeit haben, mitzufahren, daher die landesweite Ausschreibung. Die Einzelnen Unterkünfte wurden über den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg kontaktiert. Organisiert wurde die Fahrt über das Landesjugendbüro zusammen mit Unterstützung der Ehrenamtlichen vor Ort. Diese übernahmen mit Dolmetschern das Anmeldeverfahren, die Aufklärung der Eltern und kümmerten sich um „ihre“ Kinder. Die Eintrittsgelder wurden vom Erlebnispark gesponsert. Weitere Einzelheiten könnt ihr in den Projektbeschreibungen im Anhang nachlesen.

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